Eine Frau, sie ist nackt, ihre mageren Brüste sind zu sehen. Sie präsentiert einen abgeschnittenen Kopf, serviert ihn auf dem silbernen Tablett. Im Hintergrund schwingen Schwerter umher – eine Kampfansage. Regina Götz interpretiert mit ihrem Werk „Salome“ die Femme Fatale in der Kunst 1997 neu: zurück genommen, schlank, unaufgeregt – von jeglichen starren Rollenbildern befreit. Die Femme Fatale – ein historischer Mythos, eine Kunstfigur, eine Fantasie – ursprünglich nur von Männern auf die Leinwand gebracht. Etwa hundert Jahre zuvor, um 1900, malte bereits Lovis Corinth die Salome als Femme Fatale in „Salome II“: schön, vollbusig, leidenschaftlich, bedrohlich. Auch sie präsentiert nackt einen männlichen Kopf – doch nicht ein österreichischer Politiker ist zu sehen wie bei Regina Götz, sondern die biblische Figur Johannes der Täufer.
Viel ist passiert in diesen knapp hundert Jahren, seit MalerInnen sich mit der Femme Fatale in der Kunst auseinandergesetzt haben. Diese verhängnisvolle Frau, die Glücksverheißung und Lebensbedrohung in einem war. Die als Medusa, Sphinx, als Salome, Judith oder Eva im Paradies erschien. Die stets das Werk von Männern war. Und heute? Die Zeitgeschichte hat ihren Tribut gefordert. Frauen haben sich nicht nur als Künstlerinnen frei gekämpft, sondern auch als Motiv auf der Leinwand. Die „Femme Fatale“ ist sexy, begehrenswert und bedrohlich. Im 19. Jahrhundert wurde sie als exotische Verführerin, dämonische Sphinx oder raubkatzenartige Frau auf die Leinwand gebracht. Mit der feministischen Bewegung der 1960er/70er Jahre bis Ende der 90er haben sich KünstlerInnen diese Kunstfigur angeeignet, sie umgedreht und neu besetzt. Ein Mythos verschwimmt. Nach Me Too, Frauenquote und Genderforschung hat sich die Femme Fatale das Leben erobert.
Buch / Regie: Susanne Brand
Spielzeit: 52 min
Auftraggeber: SR/arte
Produziert: 2021 , lona•media